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Neulich in und um der Hauptstadt, Teil 1, 28 Bilder (976 Klicks)

11. November 2011 00:30
Es begab sich vor einigen Wochen, dass mich mein Arbeitgeber in die Hauptstadt entsandte, so dass ich dort etwas neues lernen könnte. Der Termin lag günstig, und so habe ich die Reise um ein privates Wochenende verlängert, um mich mal wieder in der Umgebung von Berlin umzusehen. Daher sind die meisten Bilder in diesem Bericht auch nicht direkt aus der Hauptstadt, aber seht selbst...

Das Hotel war gut gewählt, mit Zimmerblick auf (unter anderem) Tatraqualität:



Und der Blick hinters Hotel war auch nicht schlecht, denn dort befand sich die U-Bahn-Betriebswerkstatt Friedrichsfelde. Nur fotografieren aus dem Fenster des Treppenhauses war etwas schwierig:



Am Nachmittag des 14. Oktober waren meine Dienstgeschäfte erledigt, und so beschloss ich, der Straßenbahn in Brandenburg an der Havel mal wieder einen Besuch abzustatten.

Ich begab mich zunächst zum Ostbahnhof. Die S-Bahn bietet mittlerweile ein recht eintöniges Bild, auf der Stadtbahn kommen, mit wenigen Ausnahmen, nur noch 481er zum Einsatz, wie dieser Dreiviertelzug mit 481 198 an der Zugspitze:



Am Berlin - Warszawa-Express betätigte sich 370 006 von PKP Intercity, ein Taurus, der in Polen aber Husarz heißt:



Mit einem bequemen Doppelstockzug fuhr ich weiter nach Brandenburg. Dass sich innerhalb der vergangenen 17 Jahre, in denen ich diese Stadt nicht mehr besucht habe, doch einiges verändert hat, wurde mir sofort klar. Keine V180 mehr am Zug, sondern 114 012. Und auch das ehemalige Bahnbetriebswerk Brandenburg zeigte sich verlassen und verwildert. Nach der Ankunft fotografierte ich die Zuglok:



Dann wandte ich mich der Straßenbahn zu.

Die Innenstadt von Brandenburg wird durch die Straßenbahn in Form, einer Acht erschlossen, die von den drei Straßenbahnlinen auf verschiedenen Wegen durchfahren wird. Alle Linien beginnen am Hauptbahnhof und treffen sich wieder am Nicolaiplatz, um sich nach einigen weiteren Haltestellen auf drei Außenäste zu verzweigen:

Linie 1 zur Anton-Saefkow-Allee
Linie 2 zur Quenzbrücke
Linie 6 nach Hohenstücken Nord

Für den Linienbetrieb besitzt Brandenburg gegenwärtig vier MGT6D, zehn Tatras mit Niederflurmittelteil KTNF6 und noch fünf hochflurige Tatras KT4D. Nach meiner Einschätzung müssten die 14 Niederflurwagen für den Betrieb eigentlich ausreichen, einige Umläufe sind aber als "hochflurig" gekennzeichnet, so dass es wohl auch regelmäßige Einsätze der Hochflurer gibt. Leider habe ich am relativ späten Nachmittag keine gesehen.

Am Fahrplan wurde in den vergangenen Jahren extrem gespart: Er ist ein Chaos aus häufig wechselnden Taktfolgen und Taktzeiten. Sicher ist dies auch ein Zeichen des Einwohnerschwunds - gab es zur "Wende" noch knapp 95.000 Einwohner und ein florierendes Stahlwerk, so sind es heute schon weniger als 72.000 Bürger, darunter ein Großteil Erwerbslose.

Am gleichmäßigsten zeigt sich der Fahrplan der "Hauptlinie" 6, die tagsüber mindestens alle 20 Minuten, an Schultagen zeitweise sogar alle 10 Minuten fährt. Die beiden anderen Linien fahren zur morgendlichen Spitzenzeit zeitweise im 15-Minuten-Abstand, tagsüber meist alle 20 Minuten, werden aber am späten Vormittag auf 30-Minuten-Taktfolge ausgedünnt. Allen Linien gemeinsam ist, dass am Abend, bevor der Straßenbahnbetrieb ganz eingestellt wird, nicht etwa vom 20er-Takt zum 30er-Takt umgestellt wird, sondern einfach einzelne Umläufe aus dem Fahrplan herausgenommen werden und einrücken. Das führt zu höchst "kundenfreundlichen" Zugfolgen von 20-40-20-Minuten.

An Wochenenden fährt nur die Linie 6 halbstündlich auf ganzer Länge, und die Außenäste der Linien 1 und 2 sind zur 1/2 verbunden, so dass man jeweils stündlich (!) eine Umsteigeverbindung von der 6 zur 1 bzw zur 2 hat. An allen Tagen ist mit dem Straßenabhnbetrieb um ca 20:30 Uhr Schluss.



Aber kommen wir zu den Bildern: Gegenüber des Hauptbahnhofs erwartete mich der MGT6D 101 auf Linie 6 und Tatra 182 auf Linie 1. Links im Hintergrund hat man einen neuen Prunkbau hochgezogen, auch das DB-Reisezentrum hat das etwas gammelige Bahnhofsgebäude verlassen und ist hierher umgezogen:



Der Blick in die Gegenrichtung lässt Gleisbaumaßnahmen erkennen. Die Anschwenkung an die Kletterweiche weckte bei mir unwillkürlich Erinnerungen an meinen Urlaub in Polen, der genau eine Woche zuvor zu Ende gegangen war:



Die Atmosphäre war weg - ganz anders(ter) noch bei meinem ersten Besuch am 09. April 1991, als sich der Tw 111 mit den Beiwagen 218 und 221 als Linie 2 in die damals noch dreigleisige Kurve legte. Auch das schöne Wandgemälde ist weg, nachdem man seine Basis, den Plattenbau, auch abgerissen hat wurde es wohl nicht für die Nachwelt konserviert. Naja, dafür war dieses Mal das Wetter besser:



Mit dem Tw 182 fuhr ich zum Nicolaiplatz, den ich noch als Puschkinplatz in Erinnerung hatte. Er wirbt für "Lust auf hier" - eine sehr gelungene Werbung, wie ich meine:



Ganz ist es noch nicht weg, das Flair, wie dieser Obst- und Gemüseladen zeigt. Lediglich das Untergeschoß der Fassade ist viel zu farbenfroh angestrichen:



Und hier das Quotenbild für die Busfäns - ein Citaro auf Linie W:



Dieses Bild des Wagens 183 zeigt eine Eigenart der Umbautatras - durch die recht gleichmäßige Lage des Mittelteils im Gleis und die mittige Abstützung der Front- und Heckteile auf den Drehgestellen neigen die Wagen stark zu Nickbewegungen. Man beachte übrigens auch das im Originalzustand und in den originalen Warnfarben erhaltene Geländer links:



Es ist nicht ganz leicht, den Plauer Torturm zusammen mit der Strab und ohne Individualverkehr zu fotografieren - bei Tw 170 ist es mir gelungen...



...während es sonst eher so aussieht. Mit dem roten Tw 18 fuhr ich zur Endstation Quenzbrücke...



...wo ich ein attraktiv gestaltetes Endstellenhäuschen vorfand:



Dass ich mich für dieses Foto und das obligatorische Endstellenbild des Tw 181 erdreistete, das Gleis zu überschreiten, erweckte Ärgernis beim Kollegen der fahrenden Zunft. Als ich seinen Wagen wieder betrat brabbelte er mir etwas vor von Versicherungen und Todesgefahr. Zunächst ließ ich ihn reden, überlegte mir dann aber, dass er ja Recht haben könnte - bei der extrem dichten Zugfolge und den hohen Fahrgeschwindigkeiten hätte ich mir besser vorher überlegen sollen, welches gefährliche Risiko ich hier eingegangen war. Ich beschloss auch gleich, es nie wieder zu tun - in diesem Jahr:



Beim Innenraumbild gab es weniger Probleme - wir sehen das Mittelteil mit Doppelkindersitzen oder Einzelerwachsenensitzen für Leute mit breitem Hinterteil, die festgeschlossene Überfahrbrücke für Rollstuhlfahrer und den Fahrkartenautomaten. Die Fahrpreise sind übrigens günstig - die Tageskarte kostet 2,70 Euro.



An der Linie 2 befindet sich heute das "Industriemuseum" - ein Fragment des riesigen stahlwerks, das einst der halben Stadt Arbeit gab und Ende 1993 seinen Betrieb für immer eingestellt hat:



Am 13. Juli 1994 war der Betrieb im Werk zwar schon eingestellt, die Umgebung sah aber noch irgendwie "industrieller" aus. Der Zug aus Tw 163, Bw 269 und 265 trägt eine perfekt auf die Zielgruppe "Bürger des Ostens" angepasste, zeitgenössische Ganzreklame:



Nun stieg ich um in die Linie 6 nach Hohenstücken Nord. Diese Linie erschließt eine Trabantenstadt aus Plattenbauten. Eine fünf(?)gleisige Wendeschleife zeugt davon, dass man hier mit gigantischem Verkehrsaufkommen gerechnet hat. Der fast werbefreie Tw 185 hat die Schleife schon durchfahren und steht zu rRückfahrt in die Innenstadt bereit:



Ich wäre ja gerne chinesisch essen gegangen, aber es war schon geschlossen:



Vor einigen Jahren war das Verkehrsaufkommen noch so hoch, dass man die Tatras in Doppeltraktion einsetzen musste - Tw 176 und 177 bei der Ankunft in Hohenstücken Nord, 06. August 1992



Ich fuhr zurück Richtung Innenstadt, denn ich wollte ja noch den Streckenast der Linie 1 befahren. An der Haltestelle Fontanestraße wird zwischen den Linien 1 und 6 ein Anschluss hergestellt, obwohl beide eigentlich nur auf geringfügig verschiedenen Wegen das gleiche Ziel erreichen. Und hier sieht man auch einen der größten Schwachpunkte der Brandenburger Fahrzeuge - die Außenschwingtüren. Selten habe ich solch träge, langsame Türen an Straßenbahnwagen erlebt. Im Zusammenwirken mit nicht oder zumindest nicht merkbar vorhandenen Vorrangschaltungen vermitteln sie den Eindruck, diese Straßenbahn sei ein "lahmes" Verkehrsmittel:



Nun war ich genau in die 40-Minuten-Taktlücke geraten. Ich hätte also gut und gerne mit dem Wagen 183 zum Bahnhof und wieder zurück fahren können, anstatt hier zu warten. Schließlich kam er dann doch noch, und so machte ich mein Endstellenbild an der Anton-Saefkow-Allee schon ziemlich im Dunkeln.



Früher(TM) ging es hier noch fünfeinhalb Kilometer weiter - die Überlandstrecke nach Plaue und Kirchmöser West wurde aber 2002 eingestellt und wird heute von der Buslinie E bedient. Und weil es so eine schöne Strecke war, hier noch drei Bilder vom 13. Juli 1994 - Tw 122 mit Bw 276 kurz vor Plaue:



Tw 150 und Bw 222 in der Endschleife Kirchmöser West, die um einen Obelisken herumführte:



Und der gleiche Zug noch einmal auf der Rückfahrt nach Plaue, beim Überfahren der Seegartenbrücke:



Leider ist das längst vorbei, und wenn man die äußeren Umstände bedenkt scheint das Brandenburger Netz doch sehr auf der Kippe zu stehen. Offenbar hat bislang aber der recht moderne Wagenpark weitere Einstellungen verhindert. Es wäre auch schade drum.


Ach ja, ein Bonusbild hänge ich noch an. Während der Wartezeit auf die Linie 1 habe ich mich auf die Gördenbrücke begeben und diese tolle Abendstimmung über dem Silokanal eingefangen:



Soviel für heute, demnächst mehr von dieser Reise...

Mit freundlichen Grüßen
Ralph Dißinger a.k.a. Lokleitung




2-mal bearbeitet. Zuletzt am 11.11.11 00:42.
Thema Autor Datum/Zeit

» Neulich in und um der Hauptstadt, Teil 1, 28 Bilder (976 Klicks)

Lokleitung 11. November 2011 00:30

Sehr schön, das überdimensionierte U-Bahn-Zeichen in IKEA-Farben im dritten Bild ;-P (owT) (376 Klicks)

Rumpelweiche 11. November 2011 01:03

Re: Neulich in und um der Hauptstadt, Teil 1, 28 Essensbilder (438 Klicks)

Harald S 11. November 2011 20:52



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