Ende September 2020 starteten vier Gesellen Ihre jährliche dreitägige Eisenbahnfahrt. Ja, ist schon einige Tage her, aber Körper-bedingt habe ich gerade jetzt viel Zeit Reiseberichte zu schreiben – besonders dann, wenn Diese umfangreich sind und mehrere Teilen umfassen.
Ah – falls es jemand nicht interessiert (oder meine Bilder weniger ansprechend findet) → das Kreuz befindet sich oben rechts.
Nun aber zur Reiseschilderung Teil 1:
Zu einer extrem einstelligen Uhrzeit, in der eine Stadt in einer
Monopolregion noch äußerst verschlafen wirkt – zumindest war es schon teilweise hell
:
Einen Umsteigestopp in
Luzern nutzen wir um das nähere Bahnhofsumfeld zu erkunden. Mitten auf dem Vorplatz steht das palastartige Portal des ehemaligen
Luzerner Bahnhofes, welches – aus welchem Grund auch immer – am 5. Februar 1971 abbrannte, die große Kuppel stürzte kurz nach 09:00 Uhr unter „großem Getöse“ (so zumindest die Presse) ein. Da der Platz für den Neubau genutzt wurde, steht das Portal heute eben mitten auf dem Platz – trotzdem schön.
Ab
Luzern fuhren wir mit der
Zentralbahn (zb) über den
Brünigpass über
Meiningen nach
Interlaken.
Einen Streckenplan habe auf einem Faltplan gefunden und – in meinem jugendlichen Leichtsinn – fotografiert. Den abgebildeten Abschnitt nach
Engelberg wird hier nicht näher betrachtet, da wir diesen nicht gefahren sind (kann ja noch kommen – irgendwann).
Wissenswertes:
Nach der Ermächtigen des
Bundesrates fusionierte am 01. Januar 2005 die
Brünigbahn (einzige Schmalspurbahn der
SBB) und die
Luzern-Stans-Engelberg-Bahn (LSE) zur
Zentralbahn.
Für die ganz genauen: Der
Bundesrat ermächtigte die
SBB, die
Brünigbahn an die
LSE zu verkaufen. Die Konzession der
LSE wurde daraufhin auf die
Brünigbahn ausgedehnt. Da die
Brünigbahn der
SBB keine eigenständige Gesellschaft war, lag keine echte Fusion vor, sondern es erfolgte ein aufwändiger Zusammenschluss. Geht also noch etwas komplizierter als bei einem bekannten Verkehrsunternehmen in Süden
Deutschlands.
1986 beschaffte damalige
Brünigbahn die acht
HGe 4/4 II von den Herstellern
BBC, ABB und
SLM. Für den, den's interessiert: Achsformel: Bo’Bo’, Gewicht: 63,0 t, Länge: 14,80 m, Vmax. Adhäsion: 100 km, Vmax. Zahnrad: 40 km/h, Leistung: 1932 kW
Wissenswertes:
In drei Zahnstangenabschnitten (System
Riggenbach (
Giswil – Kaiserstuhl (2368 m lang),
Lungern – Chäppeli (1690 m lang) und
Chäppeli – Brünig-Hasliberg (1189 m lang) führt die Stecke mit einer Steigung zwischen 102‰ und 110‰ bergwärts. Nach der Passhöhe fällt die Strecke im 128‰-Gefälle in einem 3852 m langen Zahnstangenabschnitt bis nach
Meiringen (Wenn man die Gegenrichtung befährt, ist's natürlich umgekehrt
).
Insgesamt ist die Strecke
Luzern – Interlaken Ost 74 km lang.
Kurz vor dem Bahnhof
Lungern ein Blick aus dem Fenster auf dem
Lungerner See – und auch hier
etwas wissenswertes:
Zur Landgewinnung entschloss sich die Bevölkerung von
Lungern (teilweise) gegen Ende des 18. Jahrhunderts, ihren See tiefer zu legen - das Unternehmen spaltete die Bevölkerung in
«diä Nasse» und
«diä Trochenä». Messungen ergaben, dass durch die Absenkung des Sees um 35 m ungefähr 180 ha Weideland gewonnen werden konnte – gesagt und (nach viel Diskussion) getan. 102 Jahre später kauften die
Kraftwerke CKW den See und die ehemalige Seefläche mit etwa zwölf Wohnhäuser, diese wurden abgebrochen, in der Gemeinde
Lungern wieder aufgebaut und (danach) der See wieder eingestaut → Erkenntnis: Viele
„Fränkli“ verbraten und alles wieder beim alten.
Meiringen ist ein
"Sackbahnhof" (nennt man dies in
CH auch so?). Nachdem wir aus dem
Stadler Adler: ABe 150 108-8 (Anzahl: 4, Baujahre: 2012–2013; Achsformel: Bo’1Az’Az1’Bo’+2’2’+Bo’1Az’Az1’Bo’, Länge: 126,00m, Gewicht: 200 t, Vmax Adhäsion: 120 km/h + Zahnrad 40 km/h) ausgestiegen waren, stand erst einmal etwas nicht-Eisenbahn-mäßiges auf dem Reiseprogramm: Eine Wanderung durch die
Aareschlucht.
Diese kann man prima mit einer Fahrt mit der
Meiringen-Innertkirchen-Bahn (MIB) verbinden. Einen Streckenplan dieser nur 4,99 km langen Strecke habe ich mit Hilfe von
outdooraktive erstellt.
Wissenswertes:
Am 06. Mai 1946 nahm die
MIB den öffentlichen Personenverkehr auf. Die Schmalspurstrecke zwischen
Meiringen und
Innertkirchen wurde von der 1923 gegründeten
Kraftwerken Oberhasli AG (KWO) als Werksbahn zur Versorgung ihrer Kraftwerksbaustellen erbaut. Eine Personenbeförderung der Arbeiter und deren Familien war von Anfang an vorgesehen.
Die
Zentralbahn kam mit den
Kraftwerken Oberhasli AG überein,dass sie 2021 die Strecke der
MIB übernehmen, nach einer Änderung der Stromversorgung (von 1200 V auf 15 KV) sind durchgehende Züge von
Interlaken nach
Innertkirchen geplant.
Ah – von 1977 bis 1988 verkehrten auf dieser Strecke die
Tw Bem 4/4 6 und
7 (Umbau aus den 1977 übernommen ehemaligen
OEG-Triebwagen 63, 65, und
68).
Wagen 7 wurde 1999 abgebrochen, der
Tw 6 wohl um 2001.
Hierzu hatte ich vor einiger Zeit irgendwo (na ja, natürlich im www) einen schönen Bericht gelesen – aber wo? Man wird halt alt. Eventuell kann der
User H.F., eh. F. mehr darüber sagen, bzw. schreiben, er stellt ja zur Zeit schöne Bilder aus der Diakiste seines Onkels ein.
Für einen Halb-Stunden-Takt reicht ein Triebwagen aus, seit 2018 wird der von der i]Transports Montreux–Vevey–Riviera (MVR)[/i] übernommene, 1997 gebaute
Be 2/6 Nr. 13 eingesetzt. Auf dem Bild oben ist er kurz hinter dem
Hp Aareschlucht West. zu sehen.
Wer in die
Aareschlucht möchte, nutzt den
Hp. Aareschlucht Ost - dieser befindet im kurz vor dem Ostport
im 1502 m langen
Kirchettunnel. Durch eine Tür in der Felswand, eine (wacklige) Hängebrücke und eine sportliche Betätigung mittels einer Treppe erreicht der geneigte Besucher den östlichen Eingang der
Aareschlucht.
Kurz vor dem Kassengebäude stellt der Erschöpfte ernüchtert fest, dass man auch mit einem
Postauto (also ein gelber Bus – für die
Nichtschweizer) bis fast vor den Eingang hätte (ge)fahren werden können.
Nach dieser Anstrengung hat wohl jeder eine „Verschnaufpause“ verdient. Also bis zum nächsten Teil – wenn Ihr wieder dabei sein wollt.
Salü Erhard