Nachdem man mit den beiden von Rastatt 1960 und 1963 gebauten Gelenkwagen, die auf Basis der gerade beschafften Vierachser entstanden, erste Erfahrungen gesammelt hatte, beschloss die Oberrheinische Eisenbahn, ihren Fuhrpark durch weitere Gelenkwagen schrittweise zu erneuern.
Der deutschlandweite Erfolg des Produktes aus der Düsseldorfer Waggonfabrik, das seit einigen Jahren in verschiedenen Ausführungen von vielen westdeutschen Verkehrsunternehmen beschafft wurde, und das Ende der Fahrzeugproduktion des bisherigen Hauslieferanten Fuchs in Heidelberg-Kirchheim 1957 sowie der Abkehr des zwischenzeitlichen Lieferanten, der Waggonfabrik Rastatt, führte zur Entwicklung einer verbesserten Ausführung eines fassungsstarken Achtachsers durch die Düwag.
Von August bis November 1966 wurden die acht neuen Gelenktriebwagen mit den Nummern 82 – 89 in Betrieb genommen, drei Jahre später folgte eine zweite Serie mit den Nummern 90 – 97, die sich von der ersten nur unwesentlich unterschied, für den interessierten Fahrgast optisch erkennbar an der dunkleren Farbe der Resopal-Wandverkleidung.
Um die letzten Vorkriegsfahrzeuge abzulösen, aber auch die nicht ganz so beliebten Fuchs-Triebwagen (die Beiwagen waren schon längst wieder außer Betrieb, nach gerade mal rund 15 Jahren Einsatzzeit), wurde 1973-74 eine dritte Serie der Düwag-Achtachser mit den Nummern 98 – 110 beschafft.
Augenscheinlicher Unterschied zu den ersten beiden Serien war der Doppeleinstieg an der Fahrzeugspitze, die den Führerstand und die Arbeitsbedingungen für das Fahrpersonal verschlechterte, die Fahrgastwechselzeit aber nicht wirklich verbessern konnte.
Außerdem entfielen ab dieser Serie die Trennwände und Schiebetüren im Innenbereich ebenso wie die bisherigen Gepäcknetze, die die Fahrzeuge für den Überlandbetrieb kennzeichneten.
In den Fahrzeugen der ersten und zweiten Lieferserie wurden diese in der Folge auch entfernt, bis auf einzelne Fragmente im C-Wagenteil.
Während viele andere Betriebe sich Fahrzeuge mit modernerem Aussehen und weiterentwickelter Steuerungstechnik beschafften und man begann, sich mit der Niederflurtechnik zu beschäftigen, entschloss sich die OEG, noch einmal Fahrzeuge des bewährten Typs Gt8 bei der Düsseldorfer Waggonfabrik nachzuordern, die diesmal im Werk Uerdingen gebaut wurden.
Ende 1988 und Anfang 1989 wurden die Wagen 111 – 116 geliefert, die sich durch das neue Farbschema weiß mit roten Diagonalstreifen deutlich vom bisherigen, ruhigen Design abhob, ebenso durch die dunkel getönten Seitenscheiben und den mittig auf dem C-Teil platzierten Stromabnehmer.
Einige Jahre später wurden Klimaanlagen nachgerüstet.
Mit dem schweren Unfall des Tw 94 in Weinheim am 18. Oktober 1999 war der erste Totalverlust zu beklagen.
Genau dieses Fahrzeug hatte ein knappes Vierteljahrhundert zuvor schon einmal einen schweren Unfall und bestand zu Teilen aus dem Tw 93 – und umgekehrt. Der 93 wurde damals teilweise neu aufgebaut im Stil der dritten Serie mit der Doppeltür vorne.
Nach Inbetriebnahme der ersten Bombardier-Variobahnen wurden einige Gt8 der ersten und zweiten Bauserie nach und nach abgestellt und verschrottet, die Wagen 82, 85 und 87 der ersten Serie erhielten noch eine Gnadenfrist und waren für einige Jahre im Einsatz, zeitweise auch im Stadtverkehr Heidelberg auf der Linie 21, um den dortigen Fahrzeugmangel zu lindern, was den für den Überlandbetrieb konzipierten Fahrzeugen nicht wirklich gut bekam.
Mit Ablieferung folgender Serien Variobahnen und nach Unfällen wurden weitere Gt8 abgestellt und dem Rohstoffkreislauf zugeführt, nach Inbetriebnahme der letzten Lieferserie Variobahnen 2013 waren nur noch die Gt8 110, 111, 113, 114, 115 und 116 im Einsatz.
Die Wagen 98 und 100 wurden im Februar 2015 reaktiviert, um der gestiegenen Fahrgastnachfrage begegnen zu können.
Seit Sommer 2024 wurden nach und nach Fahrzeuge aus dem Betrieb genommen, um Platz zu machen für die neue Rhein-Neckar-Tram. In Reihenfolge wurden die Wagen 100, 111, 113, 115, 116 und kürzlich 114 abgestellt.
Mit dem heutigen Tag und dem letztmaligen Einsatz der Wagen 98 und 110 auf Linie endet die Ära der DÜWAG-Fahrzeuge bei der Oberrheinischen Eisenbahn im regulären Fahrgastbetrieb.
Der erstgebaute Wagen 82 soll der Nachwelt erhalten bleiben.
Hinweis:
Diese extrem kurze Abhandlung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, die ohnehin nur durch ein ganzes Buch gedeckt werden könnte.
Bilder
Der Stadtverkehr veröffentlichte in seiner Ausgabe vom März 1967 einen Artikel über die neuen Fahrzeuge der OEG
Die ursprüngliche Inneneinrichtung der ersten beiden Serien beinhaltete auch Gepäckablagen.
Die bequemen und reinigungsfreundlichen Kunstleder-Sitzpolster waren rot, die dunkleren Wandverkleidungen weisen auf ein Fahrzeug der Serie 90 – 97 hin
Nach und nach wurden ab Mitte der 1980er Jahre die Kunstlederbänke durch stoffbezogene Einzelsitzschalen ersetzt, ursprünglich in grüner Farbe. Dabei entfiel jede zweite horizontale Griffstange. Deutlich sichtbar die hellere Wandverkleidung der ersten Beschaffungsserie. Ebenso unverkennbar die eckige Deckenverkleidung des Tw 83.
Als die Aufnahme vom 83 am 13. März 1977 zwischen Edingen und Wieblingen entstand, war der Grünbewuchs noch nicht so ausgeprägt wie heute. Kollege Roland Linke (+) hatte diese Szene festgehalten. Der 83 trug damals noch die alten Scheinwerfer sowie das jeweils einzelne Brems- und Rücklicht, womit alle Fahrzeuge der ersten drei Serien bei Lieferung ausgestattet waren.
Tw 89 trug am 21. Dezember 1990 in Seckenheim Bahnhof noch den alten Lack, aber die Umlackierung der Fahrzeuge in das neue weiß-rote Schema stand unmittelbar bevor. Die Front hatte schon ein Jahrzehnt zuvor eine Umgestaltung auf die neuen Lampenkästen mit doppelten Schluss- und Bremsleuchten erfahren.
Nochmal zum Vergleich der dunklere Ton der Wandverkleidung ab der zweiten Serie, hier im Tw 90.
Die am 15. Juni 1975 miteinander verunfallten Tw 93 und 94 tauschten die aufgefahrenen Wagenteile miteinander, sodass relativ bald einer der Wagen unter der Nummer 94 wieder dem Betrieb zur Verfügung stand. Die stark beschädigten Teile wurden bei Düwag wieder aufgebaut und mit den Doppeltüren analog zur neuesten Serie versehen, zum Leidwesen des Fahrpersonals.
Tw 103 steht am 26. Mai 1991 noch im alten Lack vor der Wagenhalle in Käfertal.
Was mich heute ärgert, ist, dass ich keine Aufnahme vom Innenraum gemacht hatte – es waren noch die alten Kunstledersitzbänke vorzufinden.
Relativ bald wurden auch diese nach und nach durch die neuen Einzelsitzschalen ersetzt, bei der Serie 98 – 110 als letztes. Das hier zu sehende Stoffmuster ist aber nicht das ursprüngliche rote…
…das sah so aus. Hier im Wagen 111, der mit seinen fünf Geschwistern bereits so ausgeliefert wurde.
Man hatte sich bei der Innenraumgestaltung wieder auf eine hellere Wandverkleidung geeinigt, was aufgrund der getönten Scheiben auch sinnvoll war.
Äußerlich sofort auffällig war der mittig angeordnete Stromabnehmer.
Am 14. April 2020 näherte sich der Zugverband mit Tw 111 und dem vom Künstler Carsten Kruse gestalteten 115 dem Edinger Wasserturm auf Wieblinger Gemarkung.
Bei einer Rangieraktion hinter der Edinger Wagenhalle am 6. Juli 2013 musste auch der Wasserturm in Szene gesetzt werden, was eher schlecht als recht gelang…
Auf der anderen Seite der Edinger Wagenhalle am 2. Februar 2003.
Wagen 98 rückt am Sonntagmittag auf Linie aus, noch versehen mit den gut lesbaren Rollbändern.
Ein bisschen viel Grün zwischen Neu-Edingen und Edingen West erschwert die Erkennbarkeit der Wagen 4107 und 4104 am 24. Mai 2013
Die erwähnte Ausleihaktion der ausgesonderten Triebwagen 82, 85 und 87 in den Stadtverkehr Heidelberg bescherte den Fahrzeugen eine besondere Werbebeklebung. Dennoch sind die Fahrgäste reihenweise in die OEG eingestiegen und wunderten sich zuhauf über den abweichenden Fahrweg.
Am 10. Juni 2008 steht der Tw 82 in Käfertal zwecks Wartung.
Über Geschmack lässt sich streiten, und die Gestaltung in den aktuellen Hausfarben der rnv stand diesem Fahrzeugtyp nicht wirklich gut.
Tw 113 nähert sich von Seckenheim der A6-Brücke Richtung Neuostheim am 23. August 2022.
Da stand ein Mast im Weg, zum Glück nur ein Dreikäsehoher, als Tw 98 am 1. Juli 2010 vom Mannheimer Hauptbahnhof kommend seinem nächsten Halt an der Kunsthalle entgegen strebte.
Am 22. Dezember 2024 ergab sich noch einmal die Möglichkeit, die letzten vier an diesem Tag noch betriebsfähigen Düwags in der Edinger Wagenhalle nebeneinander in Reihenfolge aufzustellen und abzulichten. Für den 116 war es der letzte Einsatztag.
2-mal bearbeitet. Zuletzt am 23.02.25 09:03.