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Unterwegs mit dem Heidelberger Straßenbahner (1016 Klicks)

09. September 2016 15:11
Hallo an alle Interesierten!


Lange Zeit schon stand auf meiner Wunschliste die Brohltalbahn. Aber irgendwie kam immer etwas dazwischen – nun sollte es im Juli doch endlich so weit sein, die Anreise natürlich stilecht mit der Eisenbahn - wie den auch sonst?

Vor etlichen Jahren – in meiner Kinderheit Jugendzeit - ging dies folgender Maßen von statten: Man lief ein paar Tage vor der eigentlichen Reise zum Bahnhof, dort gab es einen Bahnhofsvorsteher (heute unvorstellbar), dem schilderte, wann man wohin wollte. Darauf begann dieser etliche Bücher zu wälzen und sich Notizen auf einen Zettel zu machen. Manchmal schüttelte er den Kopf, murmelte etwas unverständliches in den Bart, zerknüllte den Zettel → und begann von vorne.

Nach einiger Zeit hatte er die Verbindung und die Umstiege (diese klappte tatsächlich) gefunden, nannte den Fahrpreis und händigte die Fahrkarte aus.

Zugegeben; zeitaufwändig

Heute verbringt man erheblich mehr Zeit zu Hause vor seinem PC, bekommt eine Verbindung, bei der man meist an irgend einem Bahnhof, vornehmlich abgelegen und einsam, seinem (davongefahrenen) Anschluss hinterherwinken kann.

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An einem Donnerstag im Juli wollte ich mein Glück versuchen, an diesem (Wochen)tag fahren auf der Schmalspurbahn 2 Züge, für den Nachmittagszug reichte die Zeit für die (kostengünstige per Rheinland-Pfalz Ticket) Anreise und nach der Rückkunft in Brohl sollte mich noch ein Zug (natürlich mehrere) wieder nach Hause bringen.

Doch dieses Mal machte mir meine Familie einen Strich durch meine Planungen, gemäß dem Sprichwort: „Irgendwas ist immer“.

Doch auch dieses Problem wurde gemeistert und so entschloss ich mich, ohne lange zu überlegen, einen Tag später meine Reise zu unternehmen.
Doch Freitags fährt nur ein Zug, und zwar um 9:30 Uhr. Also kurzer Hand umgeplant und mit dem eigenen Auto angereist.

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Frühzeitig traf ich am Bahnhof Brohl BE (heißt tatsächlich so) ein, ein Zug mit 3 Wagen und den beiden Diesellokomotiven D1 + D3 standen abfahrbereit am Gleis 1. Im Bahnhofsgebäude fand ich hinter einem Schreibtich einen Mitarbeiter (wie früher(TM)). Als ich an der Reihe war, bat ich um eine Fahrkarte: Einmal Engeln und zurück.
Er fragte, ob ich die Brunchfahrt (O-Ton: Essen bis man kotzt) buchen wollte, die heute angeboten wird. Ich verneinte dies, schließlich wollte ich ja Zug fahren, die Landschaft genießen und nicht dabei essen.
Mit verständnislosem Blick und der Bemerkung, der Zug habe in Engeln 3 Stunden Aufenthalt, händigte er mir die Fahrkarte aus.

Nun wurde mir wieder klar, warum ich nicht den Freitag für meine Reise ausgesucht hatte, ich hätte wohl doch (zuhause) länger überlegen sollen! Aber nun war ich halt da …......................................

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Wie gesagt, der Zug stand am Bahnsteig, plötzlich wurden die beiden Lokomotiven abgekoppelt und fuhren davon. Ein älterer Herr erklärte seiner Begleitung, dass die wohl Güterwagen im Hafen holen würden, und lief davon.
Da bis zur Abfahrt noch reichlich Zeit war folgte ich ihm und konnte so erleben, wie 4 Güterwagen über die Rampe und den Bahnübergang geschoben wurden.

Nachdem diese im Gleis 2 abgestellt waren, koppelten die Loks die Personenwagen (1980 und 1990 bei der Berner Oberland-Bahn in der Schweiz gebraucht erworben) wieder an und zogen diese auf das Streckengleis. Die bereits im Zug sitzenden Reisenden beruhigte der neben her laufende Schaffner mit den Worten: „Keine Angst, ihr kommt gleich wieder“.

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In mehreren Rangierfahrten wurden die Güterwagen hinten an den Zug gehängt und diese wieder an den Bahnsteig gedrückt. Der jüngste Bedienstete (wer wohl auch sonst) stellte hierbei mehrmals die Weichen und die doppelte Kreuzweiche, wie alle Weichen auf der Brohltalbahn Handweichen!

Etwas Geschichte:
Die ersten17,5 km von Brohl BE bis Engeln wurden am 14. Januar 1901 eröffnet, der Abschnitt bis Kempenich knapp ein Jahr später.
Der Personenzugverkehr (seit September 1960 nur noch zwischen Brohl und Oberzissen), musste mangels Rentabilität und wegen fehlender Fahrzeuge – Verschleiß der Triebwagen – am 30. September 1961 eingestellt werden.
Durch den stetigen Rückgang des Güterverkehrs wurde die Strecke Engeln - Kempenich am 1. Oktober 1974 stillgelegt und 1976 abgebaut, eine Stilllegung der Reststrecke wurde für 1987 angestrebt.
Mit der Gründung einer Interessengemeinschaft, die ehrenamtlich den Betrieb unterstützt, gelang es, die Stilllegung zu verhindern. Heute ist der Kreis Ahrweiler alleiniger Eigner der Brohltal-Eisenbahn-Gesellschaft. Eine Interessengemeinschaft (Brohltal-Schmalspureisenbahn - IBS) führt den Betrieb auf ehrenamtlicher Basis, hierfür haben sie die Bahnanlagen gepachtet. Die hierfür gegründete Betriebs-GmbH führt deutschlandweit Güter- und Arbeitszugdienste durch.

Personenzüge fahren heute auf der Brohltalbahn (fast täglich) nur für Touristen unter dem Namen Vulkan-Express, Mittwochs und Freitags (weiß ich jetzt auch) verkehren diese meist als GmP.

Unser nächstes Bild zeigt die beiden Loks am heutigen Streckenende in Engeln (Ja – Streckenbilder manchen ist halt schwierig, wenn man im Zug sitzt).

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Der aufmerksame Leser fragt sich nun, während er die Aufnahme beim Umsetzen der Lok's betrachtet, wo wohl die Güterwagen geblieben sind; im Bahnhof Brenk fuhr der Zug durch das Nebengleis und die Güterwagen wurden dort stehen gelassen.
Der Güterwagen übrigens ist noch aus der Anfangszeit der Bahn, er wird heute als Fahrradwagen verwendet.

Schlagartig wurde mir auch klar, was nun eine Brunchfahrt ist: Fast sämtliche (also auf jeden Fall nicht ich) Fahrgäste begaben sich nach der Ankunft in die Bahnhofsrestauration, um sich an dem aufgebauten Büfett gütlich zu tun.

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Die beiden Diesellok's verschwanden in Richtung Brenk und es trat Stille ein. Mein Opa pflegte an solchen Orten zu sagen: „ Hier ist zwar nicht der A.... der Welt, aber da hinten kann man ihn schon sehen.

Also, wie überbrückt man 3 Stunden, man könnte:


> den Fuchs und den Hase suchen, um mal kurz Hallo zu sagen
> einen Kaffee trinken & einen Kuchen essen
> Bilder machen
> nach Brenk laufen, um die Phonolith Verladung zu fotografieren
> Mit dem Bus nach Brohl zurückfahren


Also; Kaffee & Kuchen waren nach ausgiebigen 20 Minuten erledigt, Foto nochmal 10. Nach Brenk laufen (und vor allem zurück!) verkniff ich mir, wer dies einmal versucht hat, weiß, wie leichtfertig mit dem Begriff „Höhenmeter“ umgegangen wird.

Aber die letzte Möglichkeit fand ich nicht schlecht, könnte ich doch mit meinem dem dort stehenden fahrbaren Untersatz dem Zug entgegenfahren und ein paar Streckenbilder machen.

In der Nähe des Bahnhofes fand ich eine Bushaltestelle in der Grundausstattung (nur Schild, keine Fahrplan, Mülleimer oder Sitzgelegenheit).


Die DB-App auf meinem Handy zeigte mir folgende Reisemöglichkeit:


Engeln Bf: 				        Fußweg 12 Minuten – 600 m nach 
Engeln, Kempenich 		 ab 12:13 	Bus 814 Richtung Ostbahnhof Mayen
Mariensäule, Weibern 	         an 12:20

Ortsmitte, Weibern 		 ab: 13:03 	Anruf Linientaxi Richtung Alter Bahnhof, Kempenich
Alter Bahnhof, Kempenich 	 an: 13:08

Alter Bahnhof, Kempenich 	 ab: 13:11    	Bus 806 Richtung  West/Schiele, Niederzissen
West/Schiele, Niederzissen 	 an: 13:40

West/Schiele, Niederzissen 	 ab: 13:58 	Bus 813 Richtung: Brohl Bahnhof, Brohl-Lützing
Brohl Bahnhof,                   an: 14:18


Der Nahverkehr erfahrene Leser wird mir sicher beipflichten (und verstehen) warum ich diesen Vorschlag nicht angenommen habe.

Nach einigen Suchen fand ich einen hervorragenden, ruhigen Platz unter einem Apfelbaum mit Blick Richtung Rheintal, um die verbleibenden gut 2 Stunden zu dösen.

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Als hervorragenden Wecker nahmen sich die 2 Diesellok's aus, die etwa ½ Stunde vor der Abfahrt mit heulenden Motoren und unter ständiger Benutzung der Pfeife von Brenk zurückkehrten → während dieses Foto entstand, schreckte ich den Hasen auf, der offensichtlich auf den Fuchs wartete, um ihm gute Nacht zu sagen.

In Engeln angekommen blieb der Lokmannschaft Zeit für eine Pause, und ich hatte Gelegenheit, die beiden gepflegten Fahrzeuge ausgiebig zu fotografieren.

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Pünktlich wurde abgefahren, für Kurzweil im Wagen sorgten vier ältere Herren, offensichtlich aus einem Freistaat, die (übrigens fast die ganze Rückfahrt über) lautstark diskutierten, wer wo bei der Bergfahrt gesessen habe. Eine Lösung ihres Problems fanden sie jedoch nicht, obwohl sie während der Fahrt mindestens 4 mal untereinander den Platz tauschten und ein Reisender irgendwann einmal anmerkte, dass es doch egal sei, wer wo säße!

Im Ausweichgleis in Brenk warteten schon die beladenen 4 Güterwagen: Der Phonolithbruch ist der letzte Güterkunde der Bahn (wohl auch, weil ein Abtransport per Lkw über die engen Straßen schlecht möglich ist). Bis 1995 wurde das Phonolith auf offenen Güterwagen zum Rheinhafen gefahren und dort auf Transportschiffe verladen. Wegen der Staubbelastung wurde dies per Gerichtsurteil verboten.
Seit 1999 wird der Güterverkehr von Brenk nach Brohl mit neuem Wagenmaterial in Containern durchgeführt.

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Die Personenwagen wurden abgekoppelt, die Lok's rangierten auf's Nebengleis um die Güterwagen vorne im Zug einzustellen. Der Schaffner erklärte hierzu, dass dies aus Gewichtsgründen geschehe. Vermutlich wollte er nur von den vier Bayern weiter entfernt sein!

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In Brohl angekommen wurden die beiden Lok's in aller Ruhe betankt, nach einem Meinungsaustausch war man sich einig, die Güterwagen noch in den Umladebahnhof zu schieben. Auf der 1,5 km langen Strecke vom Bahnhof Brohl BE zum Rheinhafen wird dabei die linke Rheinstrecke der DB (und die B9) auf einer Brücke überquert. Mit einem Richtungswechsel wird der Brohler Umladebahnhof erreicht. Hier werden die Container mit einem Kran auf Straßenfahrzeuge umgeladen. Eine (früher(TM) vorhandene) Rollbockanlage existiert wohl nicht mehr.

Im Bildhintergrund meines letzten Foto erkennt man den fünfständigen Lokschuppen, der allerdings nicht mehr als solcher genutzt wird.

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Soweit meine Schilderungen, auch wenn ich die seit Februar 2015 nach umfangreicher Restaurierung wieder eingesetzte Dampflok 11sm (Baujahr 1906) der Brohltalbahn nicht zu Gesicht bekam und somit auch nicht fotografieren konnte. Aber die hat ja ein Urser in einem früher(TM)en Bericht schon hervorragend getan.

Als nächstes widme ich mich wohl wieder meinen Streckenwanderungen durch's „Schwarze Loch“, ein treuer Leser dieser Serie hat sich bei mir jedenfalls mal geoutet.



Salü Erhard
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Heidelberger Straßenbahner 09. September 2016 15:11

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Frieder Schwarz 09. September 2016 21:37

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Heidelberger Straßenbahner 10. September 2016 15:49

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Frieder Schwarz 10. September 2016 21:59



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