Bergisches Land – wo soll das sein? Frohgelaunt (die meisten) startete eine kleine Gruppe irgendwann im Juni in Richtung desselben. Nach gefühlten 1000 Kilometern Autobahn erreichte die Reisegesellschaft ebendieses zu einer christlichen Zeit, so dass auch der Letzte im Wagen endlich ausgeschlafen hatte.
Alles war da – nur eben keine (gescheiten) Berge. Aber wegen denen hatte man die Reise ja auch nicht unternommen.
Das Ziel unserer Fahrt sollte das
Bergische Straßenbahnmuseum in
Wuppertal-Kohlfurth sein. Betreiber ist ein ehrenamtlicher Verein, die
Bergische Museumsbahnen e. V. (BMB) – Laut Wikipedia einer der kleinsten Straßenbahnbetriebe der Welt → aha.
Ich dachte, der wäre weiter östlich, aber auch recht. Über die
Kohlfurther Brücke, die mein erstes Bild zeigt, führte die heutige Museumsstrecke ursprünglich weiter nach
Solingen, leider nur bis 1969 (Stilllegung – mit 3l → puh).
2010 wurde die Brücke umfangreich restauriert, Geld um Schienen in die Brücke zu legen, damit die Museumsstrecke verlängert werden konnte, war (wieder einmal - Politik?) nicht da.
Weit und breit war – außer uns – eigentlich niemand zu sehen. Aus welchen Grund hatte man in diese verlassene Gegend damals wohl eine Straßenbahn gebaut - dieser Gedanke kommt einem unweigerlich, bevor Man(n) feststellt, dass das Museum erst (sehr) viel später öffnet.
Geraume Zeit später regte sich auf dem Gelände doch etwas, ein oranger Triebwagen (ex
Freiburg) kehrte von der morgendlichen Streckenkontrolle zurück.
Wir erfuhren, dass der Eintritt auf das Gelände kostenlos ist, also begaben wir uns in die – als Museum bezeichnete – Wagenhalle (also → mehr Wagenhalle als Museum):
Irgendwie steht alles voll, sozusagen ein kleines
Edingen. Fotos von den Fahrzeugen – schlecht möglich, lediglich der Schleifwagen der
Städtischen Straßenbahn Solingen konnte (dekorativ mit einem Flurfördergerät) halbwegs „in Scene“ gesetzt werden. Erklärende Schilder oder Personen die man hätte fragen können gab's übrigens auch keine.
Für die, die es wissen möchten: Baujahr 1952, Hersteller
Schörling, Länge 7,85 m, Breite 2.10 m, Leergewicht 13000 kg.
Aber, wie der Name schon lautet;
Bergische Museumsbahnen und
nicht Bergisches Straßenbahnmuseum → also Bahn fahren:
Zur Abfahrtszeit rangierte der Tw 107
Halt – besser so: Kurz vor der Abfahrtszeit rangierten Vereinsmitglieder den
Tw 107 aus der Halle an die Abfahrtsstelle.
Für Interessierte die Daten des Wagens: Hergestellt 1936 von
DÜWAG, Länge 11,80 m, Breite 2,20 m, Leergewicht 17,6 Tonnen, fuhr bis 1976 bei der
Rheinischen Bahngesellschaft in
Düsseldorf.
Ein wirklich vorbildlich restaurierter Wagen. Da diese Wagenbauart zu meinen Lieblingen gehört, war ich schon ein wenig neidisch (hoffentlich habe ich mich nicht „als ewig Gestriger“ geoutet – aber nicht schlimm, ich habe ja Verbündete)
.
Nach Fahrtbeginn verkaufte der Schaffner die Fahrkarten (Tageskarte, wir wollten ja öfters fahren). Da er nicht genug dergleichen dabei hatte – eigentlich waren lediglich wir 4 im Wagen – bekam ich eine für Kinder, auf der eben Kinder und der Preis mit Kugelschreiber berichtigt wurde.
Offenbar war man auf einen solchen Ansturm nicht vorbereitet.
Mitten im Wald und in der Steigung (
„Bergisches Land“) befindet sich die Haltestelle
Kaltenbach.
Etwas Vereins- und Streckengeschichte:
1969 wurde die Strecke der ehemaligen Linie 5 zwischen
Wuppertal und
Solingen stillgelegt, im gleichen Jahr gründete sich bereits der Verein.
1973 wurde die heutige Museumsstrecke übernommen. In den ersten Jahren wurde die Strecke saniert, sowie bis 1989 eine eigene Stromversorgung aufgebaut. Auf dem Betriebshofgelände in der
Kohlfurth erstand eine Halle.
1991 war die die Konzession für das sanierte Streckenstück durch das
Kaltenbachtal bis zur Haltestelle
Friedrichshammer erteilt, ein Jahr später bis zur Haltestelle
Kaltenbach. Seit 1997 fahren die Straßenbahnen auf der 3,2 km langen Strecke bis zur derzeitigen Endhaltestelle
Greuel.
Der Verein möchte die Museumsstrecke gerne bis
Möschenborn verlängern, aufgrund von Beschwerden der Anwohner über angebliche Ruhestörung durch die Bahnen und deren Fahrgäste dauert die noch an – offenbar keine Straßenbahn-Begeisterten.
Gemäß
Wikipedia überwindet die Strecke einen Höhenunterschied von rund 150 m (für die Rechenprofis: Durchschnittliche Steigung 5%). Die sich durch den Wald windende Strecke ist somit durchaus typisch für die damals gebauten Überlandstraßenbahnen in dieser Gegend.
In der Ausweiche
Greul trafen wir den
Tw 105 der
Bergischen Kleinbahn AG Eberfeld, er wurde 1927 bei
Talbot Co in
Aachen gebaut, Länge 9,80 m, Breite 2,10 m, Leergewicht 15.5 Tonnen.
Der zweiachsige Tw war uns als 2. Wagen gefolgt.
Auch auf der Talfahrt folgte uns dieser, das Leid des Schaffners des nachfolgenden Wagen: Die Einfahrtsweiche in die Haltestelle
Kohlfurth muss mit dem Weicheneisen gelegt werden.
Eine „zweite Runde“ genossen wir dann in diesem, deutlich kleineren Tw – aus diesem Grund hatte die
Bergische Kleinbahn wohl auch ein „Besetzt“ Schild fest im Wagen eingebaut, einfach zum ausklappen.
Teil 2 des Tagesprogramms:
Nach einer hervorragenden Stärkung in einem nahen Gasthaus
(wir waren offenbar die einzigen, die auf 4 Rädern angereist waren), wechselten wir in die „moderne Zeit“ des
ÖPNV, auch, wenn diese Bauart bereits 46 Betriebsjahre „auf dem Buckel“ hat:
Der gerade in die Station
Völklinger Straße einfahrende
GTW wurde 1972 von
MAN gebaut und hat eine Länge von 24,06 m, sowie eine Breite von 2,20 m. Die 60 kw Motoren erlauben eine Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h.
Erwähnenswert ist, dass diese Station sich noch im Ursprungszustand (na, ja – bis auf die Fahrstühle) befindet und 2011/12 umfassend renoviert wurde.
Natürlich darf ein Foto des Fahrerarbeitsplatzes nicht fehlen:
Die
Wuppertaler Schwebebahn – offizieller Name
Einschienige Hängebahn, System Eugen Langen – wurde am 01. März 1901 eröffnet. Das Wort
Schwebebahn stammt übrigens vom Erbauer selbst. Von der 13,3 km langen Strecke folgen 10,6 km dem Lauf der
Wupper.
Zur Zeit läuft die Ersatzbeschaffung für die alten Tw: Die Neuen nennt man
GTW Generation 15, die Abmessungen sind die gleichen wie bei den Vorgängerfahrzeugen, lediglich die Höchstgeschwindigkeit ist mit 65 km/h geringfügig höher – wird jedoch aus verschiedenen Gründen nicht ausgefahren. Mit einem neuen Wagen ist der Fahrgast also länger unterwegs – und dass bei gleichem Fahrpreis!
An den restlichen über der Straße liegenden Strecke möchte ich übrigens nicht wohnen, so interessant das Ganze ist, es bleibt doch ein Stahlkoloss.
Auch von dieser Straßenbahn (die Strecke wird nach BO-Strab befahren) natürlich ein Bild des Fahrerstands:
Da die Bahnen Einrichtungsfahrzeuge sind, werden an den Endstationen Wendeschleifen benötigt. Um das Quietschen in den engen Kurven einigermaßen erträglich zu machen, besprüht man die Schienen mit Wasserdampf:
Mit diesem Schnappschuss beende ich meine – zugegebener Maßen recht lange – Reiseschilderung, mit einem Gruß an Die, die den Bericht bis zum Ende gelesen haben.
Salü Erhard
PS.: Der Gebietsname „
Bergisches Land“ stammt übrigens von dem damals in diesem Gebiet herrschenden Adelsgeschlecht – wieder was gelernt.
5-mal bearbeitet. Zuletzt am 31.08.18 19:58.