Eine U-Bahn mag schneller sein. Eine U-Bahn hat aber vor allem weniger Haltestellen, was dazu führt, dass die Leute länger bis zur Haltestelle laufen müssen. Für das Beispiel der Stammstrecke der Linie U6 in Wien gab es einmal eine Studie. Als die dortige Stadtbahnstrecke G zwei zusätzliche Haltestellen bekam und gleichzeitig in U6 umbenannt wurde, war nach dem Wiener Prinzip des zu vermeidenden Parallelverkehr zwischen Strab und U-Bahn die seit jeher parallel auf eigenem Gleiskörper verkehrende Linie 8 stillgelegt worden. Abgesehen davon, dass man jetzt mit Kapazitätsengpässen kämpft, weil die Züge der U6 schon alle zwei Minuten fahren und dennoch überfüllt sind, hat man damals ausgerechnet, dass die Mehrheit der Fahrgäste nun länger unterwegs ist als mit der Straßenbahn, weil die Fahrzeitvorteile, die die U-Bahn bringt, durch die längeren Fußwege mehr als aufgefressen werden. In Punkto Haltestellen ist diese Strecke dabei noch recht friedlich, weil sie weitestgehend eine Hochbahn ist und keine kilometerweiten Wanderwege im Untergrund erfordert wie viele heutige U-Bahn-Stationen.
Des Weiteren ist in den meisten Fällen die jeweilige Straße völlig verödet, wenn die Strab durch eine U-Bahn ersetzt wurde, weil die Laufkundschaft fehlt.
Eine U-Bahn verschlingt nicht nur im Bau Unsummen - für die Milliarden, die dort für eine enzelne Linie hinein gehen, könnte man mancherorts leicht und locker sämtliche Tram-Ausbauprojekte gleichzeitig realisieren - sie kostet ebensolche Mengen an Geld auch im Unterhalt.
Nicht ohne Grund sind die meisten Städte - es gibt sicher einige Gegenbeispiele, die in den nächsten Jahrzehnten noch ihre finanzielle Freude haben werden - längst von solch unsinnigen Plänen abgerückt. Für eine Stadt unter einer Million Einwohner macht eine U-Bahn allein auch schon wegen der Ausdehnung her keinen Sinn. Und die Infrastruktur in Form von Fahrzeugen und Wagenhallen/Werkstattanlagen müssen auch für kleine Netze vorgehalten werden. Auch das lohnt sich erst ab einer gewissen Größe.
Ganz kleines gedankliches Beispiel: Gehe ich von einem Haltestellenabstand von 1 bis 2 km bei einer U-Bahn aus, dann hätte ich eine Linie von Rheinau in die Innenstadt, die vielleicht folgende Haltestellen aufweisen würde: Rheinau (Endstelle und Umsteigepunkt zu Bus und DB), Rheinau Nord (Umsteigepunkt zum Bus), irgendwo im Casterfeld in der Gegend um die Dannstadter Straße, Friedrichstraße (als Umsteigeknoten zum Bus, Passage zum Neckarauer Bahnhof), evtl. zwischen Voltastraße und Lettestraße eine Station (aber fraglich, da Neckarauer Übergang wohl wirklich sein muss --> Hochschule, Bus nach Lindenhof), Neckarauer Übergang, danach wohl direkt zum Hauptbahnhof... weiter möchte ich jetzt mal gar nicht denken. Ich würde in dem relativ kleinen Stadtteil Rheinau ungefähr 15 min zur Haltestelle laufen, während ich jetzt knappe 5 unterwegs bin.
Außerdem: schau dir mal die Straßenbahnen in Mannheim an: Sie sind relativ voll im Durchschnitt - aber es fahren weitgehend Einzelwagen im Zehn-Minuten-Takt. Dies zeigt, dass eine Stadt von der Größe Mannheims überhaupt gar nicht im Stande wäre, das nötige Fahrgastpotential zu bieten - es sei denn, man fährt jede halbe Stunde mit einem üblichen U-Bahn-Zug. Und schon lohnt sich diese Investition nicht. Ich bezweifle sogar, dass sich eine U-Bahn lohnt, wenn sie in der HVZ alle 10 Minuten fahren würde. Ich denke, das müsste schon öfter sein, aber natürlich nur bei den entsprechenden Fahrgastzahlen. Und die sind gar nicht gegeben.
Ich denke, eigene Gleiskörper, Vorrangschaltungen und Niederflurfahrzeuge mit schnellem Fahrgastwechsel dank stufenlosem Einstieg bieten uns verzügliche Möglichkeiten, einen attraktiven und schnellen Nahverkehr umzusetzen.
Nur mit U-Bahnen würden wesentlich weniger Leute im Einzugsbereich der Schiene wohnen, weil es einfach nicht so viele Strecken geben würde - ergo: sehr viel nicht gerade kostengünstiger und auch nicht attraktiver Bus-Zubringer-Verkehr...
Gruß,
Christian
