Also als Ludwigshafener Eingeborener, der doch schon ein bisschen an "seiner" Stadt hängt schließe ich mich weitestgehend dem Posting von ferdifuchs an.
Man hat in LU ja auch an einigen Stellen, auch in den 60er, 70er und 80er Jahren durchaus ansehnliche moderne Gebäude hochgezogen, zB. das Friedrich-Engelhorn-Haus, die Tortenschachtel am Berliner Platz, den neuen Pfalzbau, die Eberthalle oder die Hochhäuser der Froschlache, die deutlich mehr fürs Auge bieten als z.B. die kalten Betonklötze der Pfingstweide (oder auch der Vogelstang, wenn ich mir diesen Sprung über den Rhein mal erlauben darf). Auch das Rathaus-Center ist für mich ein markanter und nicht unattraktiver Bau - verglichen mit dem Betonklotz Walzmühle, dem man ja wenigstens noch einseitig eine alte Fassade gelassen hat.
Andererseits hat man auch alte Bausubstanz stehen lassen, die nicht mehr unbedingt ihren ursprünglichen Zweck erfüllte, so z.B. der Turm der Lutherkirche.
Nicht zu vergessen, dass LU an manchen Stellen auch von den Veränderungen profitiert hat - die weitestgehend dreckigen und fast mitten in der Stadt befindlichen Industieanlagen von Grünzweig und Hartmann und Benckiser sind Geschichte. Sicher wurden auch viele Bausünden begangen - wer würde sich heute noch wagen, das Viadukt über das alte Hauptbahnhofgelände abzureißen statt zu sanieren? Und die größte Sünde der letzten Zeit - eine zumindest optisch relativ attraktive (wenn auch geschäftsfreie) Fußgängerzone für den Autoverkehr freizugeben.
Heute würde man die Hochstraßen und Stadbahntunnels sicher nicht mehr so bauen wie damals - gerade die Strab hätte man ja durchaus oberirdisch führen können; mit einigen Über- oder Unterführungen wäre auch die Kreuzungsfreiheit mit den übrigen Verkehrswegen machbar gewesen. Und die Hochstraßen - naja? Wohin mit einer Brücke aus Mannheim, die mitten in der Innenstadt endet? Ähnliche Stellen gibts woanders auch, und LU hat da meines Erachtens viel gemeinsam mit den "Arbeiterstädten" in NRW - Essen, Duisburg, Oberhausen oder Mülheim.
Ein paar Jahre später sieht man eben vieles anders - ich kann mich noch gut erinnern wie es war, als 1976 die Stadtbahntunnel (Hauptpost und C-Ebene) eröffnet wurden. Ausgehend vom Pfalzbau wurde eine Stadtrallye für die Kinder veranstaltet, und auch die damals dreizehnjährige Lokleitung fand es klasse, mit der supermodernen Stadtbahn kreuz und quer durch LU zu fahren und sich an unzähligen Stellen einen Stempel abzuholen, um dann irgendwas gewinnen zu können. Das war damals wirklich Zeitgeist, und ich kann es nachvollziehen, wenn heute die Kids dem tollen ICE nachschwärmen, während die älteren unter uns den Verlust an Reisekultur bei der Bahn beklagen.
Anders erging es der Oma der Lokleitung, die immer dem schönen Kaufhauscafe in der Tortenschachtel nachtrauerte, als der Kaufhof ins Rathaus-Center gezogen war. Und als ich sie dann zum ersten Mal zum Umsteigen von einem Bahnsteig zum anderen im Rathaus nicht "obenrum", sondern durch die C-Ebene führte war die ältere Dame entsetzt und orientierungslos, ihre Begeisterung hielt sich sehr in Grenzen.
Aber ich habe gerade den Vergleich mit Pforzheim gelesen. Pforzheim war im zweiten Weltkrieg extrem stark zerstört worden, und hat daher auch viele Neubauten aus der Nachkriegszeit. Und es ist die hässlichste Stadt, die ich je gesehen habe. Ich kann das nirgends dran festmachen, es ist mein rein subjektiver Eindruck.
Natürlich kenne ich Pforzheim nicht so gut wie LU. Vielleicht liegts daran. Vielleicht sollten aber andere Leute auch mal LU etwas besser kennen lernen.
Mit freundlichen Grüßen
Ralph Dißinger a.k.a. Lokleitung
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 17.10.07 10:57.